Dienstag, 12. Juni 2018

50+, jetzt hab ich noch ca. 30 Jahre...


Ich erinnere mich noch gut an meine Gefühle als ich fünfzig wurde. Damals, das ist 2 Jahre und 9 Monate her.
Meine Tochter fast 9 Jahre alt  und ich dachte innerlich, eigentlich müsste sie meine Enkelin sein, dann würde das Bild von alter Frau mit Kind stimmen.

Mein 50gster Geburtstag verlief dementsprechend irgendwie leise und traurig. Damals war das sowieso eine ziemlich heftige Zeit, alles veränderte sich um uns herum und in mir. Es war die Zeit des Umbruchs, ich hatte heftige Wechseljahrsbeschwerden, wir waren gerade nach Niedersachsen umgezogen, waren damals noch von Freunden abhängig, da wir noch keine Küche hatten. Alles war irgendwie Anders, Neu.

Als ich fünfzig wurde, wurde mir klar, ok jetzt sind es nur noch maximal 30 Jahre und ich weiß jetzt schon einen Teil davon werde ich pflegebedürftig sein.
Ich stellte mir oft die Frage, ob mein Leben, mein Freigeist jetzt vorbei war. Damals war ich noch richtige Buddhistin - heute würde ich mich nicht mehr als solche bezeichnen, schon gar nicht "richtig", aber das ist eine andere Geschichte.

Auf jeden Fall erinnere ich mich, dass es mir echt schlecht ging, ich fühlte mich auf einmal sehr alt in meinem Körper und ich hatte Angst nach meiner Frau zu sterben. Die Vorstellung auf einmal alleine zu sein, war der blanke Horror.

Auch fing meine Tochter an ihre Freiräume zu fordern, sie ist ein Introvertierter Mensch und liebt es alleine zu in ihrem Zimmer zu sein und in Ruhe ihre Youtube Videos zu schauen.
Natürlich braucht sie uns und sie mag es genauso mit uns in unserem 1,60 m Bett zu sitzen oder mit mir zu schmusen, aber am liebsten ist sie alleine. Damals fing sie an ihre eigene Individualität zu entdecken und sie trauerte noch, denn der Umzug hat auch vieles in ihr verändert.

Wir waren alle in einem großen Umbruch. Bei Britta meldeten sich auch die Wechseljahre an und ich kann euch eines sagen, wenn zwei sich liebende Frauen ihre Wechseljahre bekommen, dann ist das mehr als ätzend.

Damals begann ich auch immer mehr zu merken, dass ich keine Religion mehr benötige. Ich wurde autark von  Religionen, Traditionen, von gesellschaftlichen Zwängen. Es ist nicht so das ich alles abgelegt habe, aber ich entwickle mich immer weiter in die Richtung alles abzulegen, was ein Zwang oder eine Zensur bedeutet.

Ich ließ Gefühle zu, Wut, Trauer, Enttäuschung, Freude, Glück, Zufriedenheit, Leid. All das was wir Menschen in Schubladen packen, aus Angst erkannt, gesehen zu werden, aus Angst vor Ablehnung, vor Schmerz. Mir wurde es egal und ich kann heute sagen, mit meinem 50 Lebensjahr habe ich noch einmal einen neuen Schritt in Richtung Freiheit gemacht, indem ich mich nicht mehr zensierte.
Letztendlich hat mir der Buddhismus geholfen diesen Weg zu gehen und wenn ich ganz ehrlich bin, es ist der einzig richtige Weg für mich.

Ich bin jetzt 52 Jahre alt und gehen geradewegs auf die 53. Rückblickend bin ich diesen Unabhängigen Weg von Anfang an - seit dem ich geboren wurde - gelaufen. Freiheit war immer ein wichtiges Thema, eigentlich das wichtigste Thema in meinem Leben.
Die Zeit in der Gewalt, aus der Gewalt und dann laufen, laufen, laufen... nie gerade aus, aber ich lief höhen und tiefen entlang. Als wäre die Welt voller Schlaglöcher, ich habe ziemlich viele davon kennen gelernt.

Der Buddhismus war und ist für mich eine große Lehre gewesen. Eine richtige Ausbildung, mit allem was dazugehört. Sich selbst kennen zu lernen, seine Schwächen und Stärken. Zu begreifen, dass es auch im Buddhismus Zwänge gibt, die von vielen Buddhisten bereitwillig und ohne zu hinterfragen anerkannt und akzeptiert werden. Zu erkennen, dass man sich davon heraus strampeln muss, um den Buddhismus ist seiner Gänze wirklich kennen zu lernen. Um zu verstehen, das viele Menschgemacht ist und der Kern in Wahrheit ganz einfach ist, so einfach das man es eigentlich schnell versteht, wenn man bereit ist sich selbst zu verstehen.

Ich glaube als ich 50 wurde, verstand ich auf einmal was der Buddhismus wirklich ist und ich entschied mich, mich von all dem was mich als Mensch zwingt zu verabschieden. Es war ein Prozess und als es dann so weit war, hab ich Rotz und Wasser geheult, weil ich nicht mehr festhalten musste, am Buddhismus, an Religionen, Traditionen, Konformen, Ideologien.

Ich war mir extrem nah, als ich verstand, dass man erst im Alter wirklich nachvollziehen kann, was Leben bedeutet.

Ich denke der nächste Schritt wird mein Sterbeprozess sein. Ich war schon immer sehr anarchistisch unterwegs, vorallem mir selbst gegenüber. Ich fange jetzt an wirklich los zu lassen. Früher hab ich diesen - mir zu esoterischen. - Begriff  "Los lassen" gehasst.

Ich fand niemand sollte von irgendwas los lassen, was er noch braucht. Wir Menschen brauchen Gefühle, Ideologien, eigene Wahrheiten, wir brauchen Menschen, die wir lieben, mit denen wir uns messen, die für uns da sind, für die wir da sein können.
Ich dachte: "Scheiß drauf mit diesem Scheiß Los lassen. Scheiß drauf!!!"

So fing eigentlich mein Blog: "wie es ist als Buddhistin das ich zu genießen " an. Später nach meinem Aufwachen nannte ich den Blog: "Wie es ist als Buddhistin das (nicht) ich zu genießen".

Mir waren alle Konzepte von: "Du musst das und das machen, dann bist du das und das" viel zu abstrakt und zu reglementiert.

Das Leben verändert sich laufen, ich bau mir keine Gebäude von denen ich weiß sie werden morgen zusammenbrechen. Ich bau gar nichts, ich lass es auf mich zukommen.

Jedes "Gebäudebauen" ist mit dem Zwang beseelt darin ein Leben lang leben zu wollen. Und wenn dann ein Strum das Gebäude zum brechen bringt, ist man oft damit total überfordert. Damit meine ich. Alles was wir uns an Ideologien aufbauen, an festen Meinungen und Strukturen steht auf wackligen Beinen, denn alles kann sich verändern, durch nicht vorhersehbare Ereignisse. 


2016 wurde meine Frau wegen Depressionen zwangspensioniert, wir verloren alles. Unseren Gnadenhof, unser Haus. Wir wurden Insolvent.
Damals brach unser Gebäude unter uns zusammen und das war der Moment wo sich mein Buddhismus veränderte.

Eines Nachts wachte ich auf und verstand das Leben. Ich habe im Bett gesessen und vor mich hingeheult, ich habe stundenlang geweint. Aber nach diesem Heulflash verstand ich, das Festhalten keinen Sinn macht. Die meisten Dinge die wir unbedingt brauchen sind unnötig.

Tja verstehen heißt nicht umsetzen. Ich bin noch mitten drin das was ich damals wirklich begriffen habe in mein Leben zu transformieren.

Britta und ich haben die Idee, irgendwann in einen Camper umzuziehen und unabhängig von Gesellschaftlichen Zwängen zu leben.

Diese Idee ist ganz langsam gewachsen. Bevor wir hier her zogen, überlegten wir uns in eine WG zu ziehen, als wir dann hier in Norddeutschland ankamen, gründeten wir (notgedrungen) mit unglaublich liebenswerten Freunden eine Kommune. Da wir keine Küche hatten, haben wir bei ihnen gegessen. Wenn man so eng zusammen ist, lernt man sich gut kennen. Ich werde wahrscheinlich mein Leben lang dankbar für diese Erfahrung sein.

Und als wir dann unsere Küche hatten, haben wir langsam angefangen uns neu zu entdecken. Wir sind auch nach zwei Jahren immer noch total erschöpft von den Ereignissen damals.
Es ist nicht einfach alles abzubrechen und wirklich neu anzufangen, vorallem ohne so recht zu wissen, wie es weiter geht, was auf uns zukommt. Wir hatten und haben viel Glück und liebe Menschen die uns unterstützen, aber es gab auch rauhe Zeiten und es gab Freunde und Verwandte die sich von uns abwandten.

All das gehörte zu unserem Prozess vom Loslassen dazu.
Loslassen von Gewohnheiten, loslassen von eigenen Zementierten Gedanken. Rein ins Gefühl.

Ich weiß nicht ob unsere Ideen mit dem Camper wirklich wahr werden, aber ich weiß, sollte diese Erfahrung Teil unseres Lebens sein, dann wird es auch passieren. Wir starten auf jeden Fall mit unserer neuen (alten) Lotte, einem Opel Sintra, das erste mal nach 9 Jahren in einen Camping Urlaub. Und wir haben die Idee das wir Module aus Holz bauen, um die Lotte in einen Bedarfs-Camper zu verwandeln, mit Bett, Küche und vielleicht einer Trenntoilette. Ich habe zwar noch keine gefunden, die Mobil zu benutzen ist und mein Gewicht aushält (solltet ihr eine Idee haben, nur her damit), aber so leicht gebe ich nicht auf.

Tja was soll ich sagen, trotz Wechseljahre, Rheuma, Asthma, Schilddrüsenerkrankung, und hyper empfindlichen Darm geht es weiter. Die nächsten 30 Jahre (wir haben uns vorgenommen 80 zu werden) werden spannend. Mein Traum seit langer Zeit: Ich möchte am Meer sterben und dort verstreut werden... ich denke der geht in Erfüllung.

Natürlich weiß man nie ob alles so kommt wie man es sich vorstellt (auch davon nehme ich Abschied. Obwohl ich Angst habe das meine Frau vor mir stirbt), aber Ideen sind da um sie zu verwirklichen. Ob es nun wirklich ein Camper ist, oder ein nur Dachhaus, Es wird sich zeigen. Vielleicht landen wir auch wirklich noch mal unter der Brücke oder wir bleiben weiter hir...

Keine Ahnung. Zur Zeit macht es mir Spaß auf unseren Urlaub hinzuarbeiten. Und ich danke unserer Lotte das sie in unser Leben gekommen ist. Sie ist das tollste Auto das wir je hatten...

In diem Sinne:

Es geht vorran... (mehr über unsere Ideen und Reisen werden folgen).

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