Montag, 16. Juli 2018

Keine Toleranz gegenüber Intoleranz!

Vor ein paar Monaten habe ich diesen Text veröffentlicht:


Menschlichkeit

Was bedeutet das Wort: Menschlichkeit?
Es ist die Fähigkeit sich miteinander zu Verbinden, Gemeinsamkeiten zu finden, sich Berühren zu lassen vom Leben und Erleben des Anderen. Es ist die Fähigkeit Mitgefühl zu empfinden und es ist die Aufgabe eines Staates die Würde und die Sicherheit aller Menschen zu garantieren.
Seit einiger Zeit hat das Wort an Bedeutung verloren. Menschen begrenzen sich mit Begriffen wie: Vaterland, Abendland, Christliche Kultur. Und meinen damit eine Kultur die sich rein religiös von anderen unterscheidet. Sie setzen damit meterhohe Zäune zwischen sich und denen die sie Fremde nennen.
Ich erlebe das hier auf Facebook täglich, Neid, Missgunst, Angst, Wut, Frustration. All das basiert auf der Irrationalen Vorstellung die Fremden nehmen euch etwas weg oder bekommen mehr als ihr.
Ich lese jeden Tag Nachrichten und wenn ich auf die Kommentare gehe, bin ich schockiert von dem Hass der mir entgegen schlägt. Dieser Hass von besorgten, verstörten Bürgern die sich zusammen rotten und gemeinsam eine unreflektierte Meinung bilden. Ich denke dann jedesmal aufs Neue, noch ein Schritt und es geschieht ein Mord. Dieser geballte Hass ist explosiv und nicht die Fremden sind daran schuld.
Sie sind nur der Auslöser, der Faktor X.
An ihnen läd sich all das ab, was ihr Jahrelang aufgestaut habt.
Eure Frustration, euer Hass gilt eigentlich euch selbst. Euer Situation, eurem Leben, eurer Trauer, euer Arbeitslosigkeit, eurer Rente, eurer Krankheit, eurem Selbstbewusstsein, eurer Person.
Wie immer ist es einfacher diesen Hass an andere weiter zu geben, die schwach sind. Und die schwächsten hier in Deutschland sind zur Zeit die Fremden, die Flüchtlinge. Sie kamen aus Ländern in denen es Krieg gibt. Sie flüchteten vor dem Tod. Ihrer Heimat beraubt, ohne Geld und ohne Familie stehen sie dann hier vor unseren Toren.
Ich höre euch zu Tausenden brüllen, sie nehmen uns unsere Steuergelder, unsere Wohnungen, unsere Arbeitsplätze. Sie rauben unsere Kinder und töten und vergewaltigen unsere Frauen.
Das UNSER ist das was letztendlich ins Auge springt. Sie nehmen UNS etwas, das UNS gehört.

Am lautesten brüllen die die denken sie hätten am wenigsten. Der Begriff NEID kultiviert sich gerade. Er wird zum Angelpunkt in eurem Denken und Handeln. Da bleibt für Nächstenliebe - christliche Werte - kein Platz.

Es ist irrational zu glauben, das euch mehr zusteht als anderen Menschen, vorallem wenn ihr alles habt das ihr braucht um Leben zu können. Die meisten von euch besitzen eine Wohnung oder ein Haus, jeder der hier postet hat einen Internetzugang, ihr habt Essen, einen Fernseher, ihr könnt euch auch mit wenig Geld einen Kinobesuch leisten. viele haben einen festen Job, Rente, manche haben Harz4. Aber was noch wichtiger ist, ihr seid hier sicher. Wir leben in einem Land ohne Krieg und ohne Diktatur.
Ihr glaubt wirklich daran, dass Menschen die rein gar nichts haben, die hier her kommen und zumindest die erste Zeit leben als wären sie Ausgestoßene, als wären sie Schwerverbrecher, mehr haben als ihr?
Ihr glaubt wirklich das es eine "Sauerrei" ist dass sie das Geld nicht annehmen, dass unser Staat ihnen geben will, damit sie in das Land zurück gehen, indem ihre Familien getötet wurden, mit dem Bewusstsein, dass dieses Geld ihnen rein gar nichts bringt, wenn ein Kugelhagel sie trifft?
Ihr glaubt ihr habt das Recht diese Menschen ihrer Würde zu berauben, indem ihr laut brüllt sie sollen verrecken?
Ich habe nur folgende Fragen an euch: Glaubt ihr im Ernst, dass sich an eurer Situation etwas ändern wird, gäbe es die Flüchtlinge nicht?
Glaubt ihr, ihr seid dann reicher, oder gebildeter?
Glaubt ihr, ihr hättet dann bessere Arbeit oder eine großere Wohnung?
Glaubt ihr das wirklich?
Wenn ja, dann braucht ihr Hilfe und das sage ich ohne Sarkasmus oder Ironie. Ich meine es wirklich ernst.
 Denn an eurer Situation könnt ihr nur selbst etwas verändern.
Ein Flüchtling kann sie weder verschlechtern noch verbessern.
Aber ein Flüchtling kann euch Menschlichkeit lehren.
Und auch wenn meine Hoffnung von Tag zu Tag sinkt, dass Deutschland wieder zu dem Liberalen und Menschlichkeits- offenen Land wird, das es einst war, so bin ich froh, dass ich die Probleme die ihr habt nicht habe.
Auch wenn ich wirklich wenig Geld habe, fühle ich mich sehr reich und frei.
Im dem Sinne, ich würde mich freuen, wenn diese Nachricht geteilt wird. Auf das jeder besorgte Bürger meine Fragen liest und vielleicht aus seiner Irrationalität erwacht, oder sich zumindest Hilfe sucht. Auf das es ihm besser gehen möge...

Damals gab es noch keine Flüchtlinge die im Meer ertrunken sind, weil Helfer ihnen nicht helfen durften.

Mittlerweile ist es so schlimm geworden, dass der Mob dort draußen vor laufender Kamera brüllt: "ABSAUFEN" "ABSAUFEN" "ABSAUFEN".
Ich frage nicht mehr, ich brülle es nur noch raus: "wo ist eure Menschlichkeit geblieben?".
Ich habe mir selbst ein Verbot auferlegt - keine Nachrichten mehr. Ich ertrage es nicht mehr. Es macht was mit mir, es kriecht in meine Seele und pflanzt Abscheu.

Ich empfinde nur noch Verachtung, Abscheu, Wut und Trauer für diese Masse von Mitläufern. Es geht diesen Menschen nicht mehr darum zuzusehen, sie wollen sich direkt beteiligen, ich traue ihnen in der Masse zu, dass sie den Kopf eines Flüchtlingen nach unten drücken, auf das er wirklich "absäuft".

Ich will nicht so fühlen. Ich wehre mich gegen diese Gefühle von Abscheu und Verachtung. Und deshalb die Nachrichtensperre.

Ich glauben so geht es vielen. Leute die das nicht ertragen was gerade hier passiert, versuchen sich abzuschotten, sie versuchen sich davon zu distanzieren, zu entfernen,. Wir entfremden uns mehr und mehr von der Wirklichkeit, weil wir die Wirklichkeit nicht mehr ertragen. Es erzeugt ein Trauma.

Zu viele Nachrichten ist wie dabeigewesen zu sein, dieses Anbinden an das was dort passiert - mich macht das fertig.

Ich merke wie ich mir mittlerweile nur eins wünsche:

Sie sollen weg sein, dieses ganze braune Pack soll endlich weg sein. Ist mir egal wohin, nur weg.

Ja auch das ist eine Art von Intoleranz.

Aber ganz ehrlich, das ist mir egal, dann bin ich es halt.

KEINE TOLERANZ gegenüber INTOLERANZ.
Das Toleranz-Paradoxon wird wirksam, wenn eine tolerante Macht aufgrund ihrer Toleranz intoleranten Kräften erlaubt, die eigene Toleranz einzuschränken ...

mit mir nicht!!!




Der Philosoph Karl Popper beschrieb das Paradoxon zuerst 1945 in seinem Buch Die offene Gesellschaft und ihre Feinde Band 1.

„Weniger bekannt ist das Paradoxon der Toleranz: Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“

Er kam zum Schluss, dass wir berechtigt seien, eine Toleranz gegenüber der Intoleranz zurückzuweisen:

„Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.“

Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Band 1 1945 (J.C.B. Mohr, Deutschland); ISBN 3-825-21724-2 978-3825217242 (Band 1, 1992, 7. Berab. Aufl..)

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