Dienstag, 17. Juli 2018

Ungewissheit




"Mich inspiriert Ungewissheit".

Den Satz habe ich gerade gehört und da wurde mir schlagartig klar - Mich auch, total.
Es gibt nichts spannenderes als nichts zu wissen und es nach und nach selbst zu erfahren. Auch wenn es wehtut. Auch wenn es schön ist.

Ich konnte noch nie so recht verstehen, warum Menschen ihre Träume nicht ausleben. Wenn ich wirklich einen Traum habe, wenn ich etwas wirklich will, dann erlebe ich es auch.
So war das schon immer. Deshalb hab ich meine Bücher geschrieben, oder angefangen zu malen. Oder bin in ein Gartenhaus gezogen - ein echtes Tinyhaus mit 8 qm Wohnfläche. Deshalb lebe ich hier in der Nähe vom Meer. Mich fasziniert das andersartige, das Aussergewöhnliche, die Klippe in der Dunkelheit, Sumpf, Moor, Seen, Meere, Bäche, Wasserfälle. Alles was nicht einsehbar ist, das Geheimnisvolle, das Rätselhafte, das Universum.

Ich glaube das liegt an meiner Kindheit. Ich habe die meiste Zeit mit Träumen verbracht und als Kind habe ich mir geschworen, wenn ich die Scheiße überlebe kann ich alles überleben.

Als ich das erste mal mit meiner Schwester abgehauen bin, hatten wir nur Tüten dabei. In zwei der Tüten waren besondere Sachen, unser Spielzeug, Teddys. Ein paar Bücher, einen Tannenzapfen, ein stück Holz.
Unsere Geheimnisse, unsere Wünsche.
Als wir während es regnete eine lange Landstraße entlang liefen, ohne zu wissen wohin sie führt, wollte meine Schwester wieder umkehren. Sie hatte Hunger und war Müde, sie hatte Angst, sie weinte und flehte mich an zurück zu gehen. Aber ich wollte auf keinen Fall zurück. Ich sagte damals sehr hart zu ihr: "Dreh um und geh zurück, ich gehe weiter, mit dir oder ohne dich".
Und dann ging ich weiter.
Und meine Schwester lief mir weinend, resignierend hinterher.

Und während ich so ging, fühlte ich diese unendliche Ruhe in mir. Jeder Schritt ein Schritt in eine Unsicherheit, ins Ungewisse. Aber ich fühlte mich so wohl wie noch nie zuvor. Ich hatte mit jedem Schritt den ich ging, das Gefühl immer stärker zu werden, immer klarer.
Und irgendwann war ich fast beschwingt, während meine Schwester vor sich hinweinte , fing ich an mitten im Regen einen Schritt nach dem anderen zu hüpfen. Ich fühlte mich unendlich frei.

Ich war auch totmüde, ich war hungrig. Wir liefen Stundenlang, um  punkt Mitternacht sind wir abgehauen und so allmählich kam die Sonne hervor. Endlich nahmen uns Autos mit. Das Gefühl blieb. Es blieb auch dann Teil meiner Erinnerung als wir gefasst wurden.

Ich habe dieses Gefühl nie verloren. Ich habe es mir immer wieder geholt. In Situationen als die Welt um mich herum versank in Angst und Schrecken. Als ich hungerte. Als ich drogen nahm. Als Freunde von mir starben. Als ich alleine war.
Während meiner ersten Ehe, während der Trennung. Als ich mich von meiner ersten Freundin trennte und als ich meine Frau kennen lernte und feststellte sie lebt all das was ich nicht bin und ich bin all das was sie nicht kannte.

In all den Jahren war dieses Gefühl in mir - während ich diese verregnete Landstraße entlang lief in eine absolute Ungewissheit. Vollkommen alleine mit meiner Schwester, ohne zu wissen wohin.

Ungewissheit ist mein persönlicher Anker. Ich weiß irgendwas wird kommen und es wird mir neue Erkenntnisse bringen, mich neu formatieren. Ich werde daraus lernen und erfahren und es wird mich tragen.

Vielleicht war ich deshalb nie beständig. Ich hatte nie eine festen Stil, ich häutete mich in bunt oder grau und wieder zurück. Ich war wie ein Chamäleon ich musste alles ausprobieren,  alles hinterfragen,.
Mittlerweile bin ich ruhiger und gesättelter, was sicher an meinem Alter und meiner lädierten Körperlichkeit liegt.
Aber mein Geist ist immer noch auf dem Weg durch den Regen.

Mittlerweile weiß ich, ich werde nie irgendwo ankommen, wo ich für immer bleiben will. Die Welt ist groß und der Weg ist lang.

Eines Tages wird mein Körper sich verabschieden. Vielleicht sitzen wir dann Nachts gemeinsam an einem Fluß, Hand in Hand und ich schlafe an der Schulter meiner Frau für immer ein.

Das ist ein schöner Gedanke.
Auch was danach passieren könnte. Sie legt mich unter einem Busch ab und deckt mich mit Blättern und wildwachsenden Blüten und Vogelfedern zu und dann setzt sie sich ins Auto und fährt der aufgehenden Sonne entgegen.

In meinen Träumen spielt dann Klaviermusik auf, die Kamera zieht weg, so das unser Auto immer kleiner wird, eine endlos lange Straße wird sichtbar und dann wird "fini" eingeblendet. Fertig - das Leben von Jo ist beendet.

Ich träume nie davon das ich meine Frau auf diese Art verabschiede. Das werde ich nicht, nicht so...
das weiß ich.

Für den Fall heb ich mir eine andere Filmsequenz auf.

Für den Fall gibt es keine Ungewissheit... ich weiß was ich dann tue.

Euch einen schönen Abend noch und ich hoffe es wird bald regnen...


Herzlichst die Jo

PS: als ich meiner Frau meinen Text vorlas, schimpfte sie wie ein Rohrspatz und meinte: "Na super, du kannst mich mal!" :D Ich liebe diesen wundervollen Menschen! 

Montag, 16. Juli 2018

Keine Toleranz gegenüber Intoleranz!

Vor ein paar Monaten habe ich diesen Text veröffentlicht:


Menschlichkeit

Was bedeutet das Wort: Menschlichkeit?
Es ist die Fähigkeit sich miteinander zu Verbinden, Gemeinsamkeiten zu finden, sich Berühren zu lassen vom Leben und Erleben des Anderen. Es ist die Fähigkeit Mitgefühl zu empfinden und es ist die Aufgabe eines Staates die Würde und die Sicherheit aller Menschen zu garantieren.
Seit einiger Zeit hat das Wort an Bedeutung verloren. Menschen begrenzen sich mit Begriffen wie: Vaterland, Abendland, Christliche Kultur. Und meinen damit eine Kultur die sich rein religiös von anderen unterscheidet. Sie setzen damit meterhohe Zäune zwischen sich und denen die sie Fremde nennen.
Ich erlebe das hier auf Facebook täglich, Neid, Missgunst, Angst, Wut, Frustration. All das basiert auf der Irrationalen Vorstellung die Fremden nehmen euch etwas weg oder bekommen mehr als ihr.
Ich lese jeden Tag Nachrichten und wenn ich auf die Kommentare gehe, bin ich schockiert von dem Hass der mir entgegen schlägt. Dieser Hass von besorgten, verstörten Bürgern die sich zusammen rotten und gemeinsam eine unreflektierte Meinung bilden. Ich denke dann jedesmal aufs Neue, noch ein Schritt und es geschieht ein Mord. Dieser geballte Hass ist explosiv und nicht die Fremden sind daran schuld.
Sie sind nur der Auslöser, der Faktor X.
An ihnen läd sich all das ab, was ihr Jahrelang aufgestaut habt.
Eure Frustration, euer Hass gilt eigentlich euch selbst. Euer Situation, eurem Leben, eurer Trauer, euer Arbeitslosigkeit, eurer Rente, eurer Krankheit, eurem Selbstbewusstsein, eurer Person.
Wie immer ist es einfacher diesen Hass an andere weiter zu geben, die schwach sind. Und die schwächsten hier in Deutschland sind zur Zeit die Fremden, die Flüchtlinge. Sie kamen aus Ländern in denen es Krieg gibt. Sie flüchteten vor dem Tod. Ihrer Heimat beraubt, ohne Geld und ohne Familie stehen sie dann hier vor unseren Toren.
Ich höre euch zu Tausenden brüllen, sie nehmen uns unsere Steuergelder, unsere Wohnungen, unsere Arbeitsplätze. Sie rauben unsere Kinder und töten und vergewaltigen unsere Frauen.
Das UNSER ist das was letztendlich ins Auge springt. Sie nehmen UNS etwas, das UNS gehört.

Am lautesten brüllen die die denken sie hätten am wenigsten. Der Begriff NEID kultiviert sich gerade. Er wird zum Angelpunkt in eurem Denken und Handeln. Da bleibt für Nächstenliebe - christliche Werte - kein Platz.

Es ist irrational zu glauben, das euch mehr zusteht als anderen Menschen, vorallem wenn ihr alles habt das ihr braucht um Leben zu können. Die meisten von euch besitzen eine Wohnung oder ein Haus, jeder der hier postet hat einen Internetzugang, ihr habt Essen, einen Fernseher, ihr könnt euch auch mit wenig Geld einen Kinobesuch leisten. viele haben einen festen Job, Rente, manche haben Harz4. Aber was noch wichtiger ist, ihr seid hier sicher. Wir leben in einem Land ohne Krieg und ohne Diktatur.
Ihr glaubt wirklich daran, dass Menschen die rein gar nichts haben, die hier her kommen und zumindest die erste Zeit leben als wären sie Ausgestoßene, als wären sie Schwerverbrecher, mehr haben als ihr?
Ihr glaubt wirklich das es eine "Sauerrei" ist dass sie das Geld nicht annehmen, dass unser Staat ihnen geben will, damit sie in das Land zurück gehen, indem ihre Familien getötet wurden, mit dem Bewusstsein, dass dieses Geld ihnen rein gar nichts bringt, wenn ein Kugelhagel sie trifft?
Ihr glaubt ihr habt das Recht diese Menschen ihrer Würde zu berauben, indem ihr laut brüllt sie sollen verrecken?
Ich habe nur folgende Fragen an euch: Glaubt ihr im Ernst, dass sich an eurer Situation etwas ändern wird, gäbe es die Flüchtlinge nicht?
Glaubt ihr, ihr seid dann reicher, oder gebildeter?
Glaubt ihr, ihr hättet dann bessere Arbeit oder eine großere Wohnung?
Glaubt ihr das wirklich?
Wenn ja, dann braucht ihr Hilfe und das sage ich ohne Sarkasmus oder Ironie. Ich meine es wirklich ernst.
 Denn an eurer Situation könnt ihr nur selbst etwas verändern.
Ein Flüchtling kann sie weder verschlechtern noch verbessern.
Aber ein Flüchtling kann euch Menschlichkeit lehren.
Und auch wenn meine Hoffnung von Tag zu Tag sinkt, dass Deutschland wieder zu dem Liberalen und Menschlichkeits- offenen Land wird, das es einst war, so bin ich froh, dass ich die Probleme die ihr habt nicht habe.
Auch wenn ich wirklich wenig Geld habe, fühle ich mich sehr reich und frei.
Im dem Sinne, ich würde mich freuen, wenn diese Nachricht geteilt wird. Auf das jeder besorgte Bürger meine Fragen liest und vielleicht aus seiner Irrationalität erwacht, oder sich zumindest Hilfe sucht. Auf das es ihm besser gehen möge...

Damals gab es noch keine Flüchtlinge die im Meer ertrunken sind, weil Helfer ihnen nicht helfen durften.

Mittlerweile ist es so schlimm geworden, dass der Mob dort draußen vor laufender Kamera brüllt: "ABSAUFEN" "ABSAUFEN" "ABSAUFEN".
Ich frage nicht mehr, ich brülle es nur noch raus: "wo ist eure Menschlichkeit geblieben?".
Ich habe mir selbst ein Verbot auferlegt - keine Nachrichten mehr. Ich ertrage es nicht mehr. Es macht was mit mir, es kriecht in meine Seele und pflanzt Abscheu.

Ich empfinde nur noch Verachtung, Abscheu, Wut und Trauer für diese Masse von Mitläufern. Es geht diesen Menschen nicht mehr darum zuzusehen, sie wollen sich direkt beteiligen, ich traue ihnen in der Masse zu, dass sie den Kopf eines Flüchtlingen nach unten drücken, auf das er wirklich "absäuft".

Ich will nicht so fühlen. Ich wehre mich gegen diese Gefühle von Abscheu und Verachtung. Und deshalb die Nachrichtensperre.

Ich glauben so geht es vielen. Leute die das nicht ertragen was gerade hier passiert, versuchen sich abzuschotten, sie versuchen sich davon zu distanzieren, zu entfernen,. Wir entfremden uns mehr und mehr von der Wirklichkeit, weil wir die Wirklichkeit nicht mehr ertragen. Es erzeugt ein Trauma.

Zu viele Nachrichten ist wie dabeigewesen zu sein, dieses Anbinden an das was dort passiert - mich macht das fertig.

Ich merke wie ich mir mittlerweile nur eins wünsche:

Sie sollen weg sein, dieses ganze braune Pack soll endlich weg sein. Ist mir egal wohin, nur weg.

Ja auch das ist eine Art von Intoleranz.

Aber ganz ehrlich, das ist mir egal, dann bin ich es halt.

KEINE TOLERANZ gegenüber INTOLERANZ.
Das Toleranz-Paradoxon wird wirksam, wenn eine tolerante Macht aufgrund ihrer Toleranz intoleranten Kräften erlaubt, die eigene Toleranz einzuschränken ...

mit mir nicht!!!




Der Philosoph Karl Popper beschrieb das Paradoxon zuerst 1945 in seinem Buch Die offene Gesellschaft und ihre Feinde Band 1.

„Weniger bekannt ist das Paradoxon der Toleranz: Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“

Er kam zum Schluss, dass wir berechtigt seien, eine Toleranz gegenüber der Intoleranz zurückzuweisen:

„Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.“

Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Band 1 1945 (J.C.B. Mohr, Deutschland); ISBN 3-825-21724-2 978-3825217242 (Band 1, 1992, 7. Berab. Aufl..)

Sonntag, 15. Juli 2018

Vom Geben...


Ich trinke eine Tasse Kaffee und denke nach...

Über ein Thema, über dass ich auch schon einigemale in meinen anderen Blogs geschrieben habe - das Geben.

Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich einiges Tages vor vielen vielen Jahren zu einem Seminar eingeladen wurde, eine Bekannte hat dieses Seminar abgehalten, es ging um Energien und Steine, Wasser und Metaphysik. Wir waren eine kleine Runde und das ganze war sehr Familiär. Es gab Kaffee und Kuchen und später saß man noch zusammen. Jeder erzählte ein wenig von seiner Arbeit. Ich arbeitete zu diesem Zeitpunkt als ehrenamtliche Beraterin für Frauen mit Kinderwunsch.
Als ich so davon erzählte, unterbrach mich die Bekannte und fragte:

"Jo machst du dir keine Gedanken darüber, dass du vielleicht anderen Psychologischen Beratern die Arbeit kaputt machst, weil die Leute glauben sie bekämen ihre Beratung umsonst. Das ist total kontraproduktiv, sowohl für die Beratenden die den Wert deiner Arbeit nicht schätzen lernen, als auch für uns die wir ein Honorar für unsere Arbeit erwarten."

Ich war etwas erschrocken und die Frage hinterließ in mir ein unangenehmes Gefühl. .
Also sagte ich:

"Ich bin nicht deine Konkurrentin, wir stehen in keinem Wettbewerb und ich bin arbeite auch nicht um mich mit anderen zu vergleichen, noch um mich zu bereichern. Daher: Nein ich mache mir darüber keine Gedanken. Ich erwarte nichts von meinen Klienten, sie kommen und sie gehen freiwillig. Und trotzdem fühle ich mich gewertschätzt."

Meine Bekannte senkte den Kopf und sagte:

"Ich wusste gar nicht das du so unfair deinen Kollegen gegenüber bist".

Damit war das Gespräch beendet, ich bin dann auch irgendwann gegangen mit diesem unangenehmen Gefühl in meinem Herzen.

Bis zu diesem Zeitpunkt sah ich die Möglichkeiten die wir "Sozial" arbeitenden Coaches haben, nicht eingeschränkt. Ich arbeitete gerne ehrenamtlich, denn viele konnten sich die damals gültigen Honorare nicht leisten. Ich wollte für Menschen da sein, unabhängig ihrer finanziellen Möglichkeiten. Meine Bekannte hat mit ihrem Satz aus meiner Arbeit etwas unanständiges gemacht. Etwas das in unserer Gesellschaft nicht akzeptiert wird. Und das wollte ich nicht einfach so stehen lassen.

Damals bekam ich wieder das Gefühl nicht richtig zu sein. Denn ohne Erwartungen bist du automatisch nicht richtig in dieser Gesellschaft.

Aber ich lies mir das nicht madig machen und haben die nächsten Jahre weiter als Beraterin gearbeitet in unterschiedlichen Bereichen mit unterschiedlichen Menschen.
Meine Rente hat es mir ermöglicht - davon konnte ich von der Hand in den Mund leben. Ich war mit meinen Klienten auf einer Ebene, das war mir wichtig. Ich verstand sie. Und ich sah Entwicklung die dann irgendwann so sichtbar war, dass sie mich nicht mehr brauchten. Dass war dann der Moment an dem ich mehr zurückbekam als ich je geben konnte.

Der Gedanke das nur etwas Wert besitzt wenn du dafür bezahlst, war damals Teil einer esoterischen Community. Im Laufe der Zeit hörte ich öfter mal die Sätze: "Ich arbeite doch nicht umsonst, wer von mir etwas will, soll auch dafür bezahlen". Oder "Ich verkaufe mich nicht unter Wert".

All diese Sätze hinterließen in mir ein Gefühl von Unverständnis.
Ich fragte mich: Worin sieht der Mensch seinen Wert?
Kann man ein Wissen materiell aufwiegen?
Und warum macht es mich so anders, nur weil ich es unglaublich schön finde etwas zu vermitteln ohne etwas zu erwarten?

Der Satz: Ich arbeite doch nicht umsonst - ist mir lange Zeit im Kopf herum gegeistert.
Er hat mich unsicher gemacht.
Und daher  habe ich unterschiedliche Formen von "Bezahlung" für mich hinterfragt und auch ausprobiert. Bezahlung auf Spendenbasis, Bezahlung nach dem was jemand verdient usw.

Doch bei all dem blieb das Gefühl "Richtig" gehandelt zu haben aus.
Ich ging also wieder zurück zur ehrenamtlichen Arbeit und erklärte mich darin, dass ich sagte: "Ich verkaufe mein Wissen und meine Gaben nicht."

Im Inneren war das für mich wie Prostitution, statt den Körper verkaufte ich mein Hirn und mein Herz. So empfand ich es und so empfinde ich es immer noch.
Rein vom Gefühl her gibt es keinen Unterschied für mich.

Ich lernte im laufe der letzten 35 Jahren, dass ich nur dann vollste Wertschätzung fühle, wenn ich etwas gebe, ohne Erwartungen daran zu knüpfen. In solchen Momenten geht es mir auch nicht um die Wertschätzung anderer, sondern um die Wertschätzung durch mich selbst.

Dieses Gefühl ist unbeschreiblich schön, wenn man mit sich und seiner Arbeit zufrieden ist. Ich vergleiche es damit, wenn ich auf einer Wiese liege und in den Himmel schaue, ich bin so ganz in mir angekommen und so geht es mir auch wenn ich etwas schenke. Sei es eine Beratung oder sei es das was ein anderer braucht und was ich geben kann - danach bin ich vollkommen in mir angekommen, frei, glücklich, ohne Erwartungen.

Natürlich gelingt das nicht immer - dieses Gefühl herzustellen und keine Erwartung zu haben. Ich bin Mensch und ich habe Schwächen.

Aber im großen und ganzen ist das ein Grundtonus in meinem Leben.
Oft ist es nämlich so das ich wirklich viel bekomme, wenn ich gar nichts erwarte.

Vielleicht ist das die Energie die entsteht, das Gleichgewicht dieser Welt
Die Vorstellung das nur Materielles einen Wert besitzt, ist leider immer noch in den Köpfen der Menschen. Daran hat sich auch nach 35 Jahren nichts verändert.

Ich bin froh, dass ich da anders fühle und denke.


Wenn ich zurückschaue, ich würde nichts ändern wollen.

Ich bin mir mir selbst im Reinen.





Samstag, 14. Juli 2018

Die Tür zur anderen Seite





Wir leben in Räumen, voller instrumentalisierender Gegenstände. Wir haben uns daran gewöhnt, und mit ihnen den Gegenständen zu entwickeln. Wir tragen sie bei uns, wir hauchen ihnen Leben ein. Wir geben den Materiellen mehr Aufmerksamkeit als dem Immateriellen, dem wirklichen Leben.
Wir leben in diesen Räumen die wir uns selbst geschaffen haben und der Blick nach Draußen durch das Fenster, ist die Welt der Anderen, der Fremden.

Die Realität wird eingesperrt und festgekettet in genau diesen Räume mit ihren Erinnerungen, ihren Gedanken, ihren Empfindungen.

Dabei ignorieren wir die Türen, durch die wir hindurch gehen können. Wenn wir einmal den Mut besessen haben die Türen zu öffnen, hindurchzublicken, erkennen wir die Weite, die Freiheit, die Endlosigkeit. Unser Blick wird dann von nichts aufgehalten werden, keine Mauer, keine Zäune.

Und doch werden wir die Türen wieder schließen, weil wir Angst haben, Angst vor dem Ungewissen, Angst vor den Monstern die uns erscheinen mögen, die dort hausen tief in unserem Gedanken. Wir haben von ihnen gelesen, wir haben sie sogar selbst gesehen, sie erlebt, wir haben ihre Haut berührt und uns von ihnen berühren lassen. In den Räumen die wir uns geschaffen haben, sind diese Monster nicht zuhause. Dort draußen jedoch, hinter den Türen, in dieser Weite, in dieser Ferne, dort könnten sie lauern und auf uns warten.

Und deshalb ist die Tür gefährlich.

Wir geben also den Monstern aus unserer Phantasie, aus unserer Vergangenheit mehr Macht, als dem Wissen um die Freiheit, dem Wissen um die Weite ohne Mauern, Grenzen und Zäune.

Weil wir die Monster kennen.

Aber das Freie, das hinter der Tür zur anderen Seite liegt, das kennen wir nicht.
Wir haben uns mit schönen Dingen bestückt, Haarreifen aus puren Gold, Ringe die voller Edelsteine sind, und Puppen in seidenen Gewändern. Sie liegen in Schachteln und sitzen auf Sofas. Die wir mit Samt bezogen haben.
Dort hocken wir dann zwischen all dem Tand und trinken aus feinsten Porzellan unseren Morgentee.
Wir glauben wirklich, dass es ausreicht wenn die Sonne durch unsere Fenster scheint und der Mond die Räume in silbernes Licht taucht, wir glauben das die Geborgenheit dieser Zimmer uns die Geborgenheit im Inneren gibt, in der wir leben bis zu unserem Lebensende.

Wir glauben das die Welt dort draußen nicht unsere Welt ist, wir damit absolut nichts zu tun haben. Denn wir haben unsere eigene Welt geschaffen.

Aber dem ist nicht so.
Denn die Tür existiert, genau wie das Fenster, das uns Blicke ermöglicht.

Wir glauben wirklich wir hätten mit jedem Blick aus dem Fenster und der Tür die Möglichkeit zu Urteilen, zu Werten, weil wir denken,  dass uns nur dieser eine Blick die absolute Klarheit beschert. Aber der Tag vergeht und ein neuer Tag kommt, und der Blick nach Außen wird dunkel und hell, aber er verändert sich nur langsam, weil es immer der gleiche Blick ist. Denn unser Haus steht fest und auch der Raum ist nicht bewegbar. Nur wir haben die Möglichkeit unseren Horizont zu verändern, indem wir nach Draußen gehen. Mitfühlen, Mitriechen, Mitsein.

Aber solange wir den Monstern in unseren Gedanken und Erinnerungen mehr Macht geben als der Seele die frei sein will, wird die Freiheit eingeschränkt sein, durch ein kleines Fenster nach Draußen.

Ich möchte Neugierig auf Mehr sein und diese Neugierde bewahren, denn sie hat mehr Wert als all meine Heiligtümer. Ich möchte Fenster und Türen weit öffnen und hinaustreten in die Unsicherheit und mit nackten Füßen den Boden erkunden. Und Pflanzen berühren von denen ich dachte sie seien Giftig. Ich will den Monstern erneut begegnen und an ihnen vorbei laufen, lachend und sie hinter mir lassen für immer.

Ich will rennen und stolpern und wieder aufstehen. Die Freiheit genießen, und auch den Schmerz und die Angst. Denn all das ist da um gelebt zu werden. Ich möchte mich umdrehen und meinem Haus mit den sicheren Räumen und Mauern und Zäunen einen letzten Blick zuwerfen. Mich erinnern und es dann Vergangenheit sein lassen. .

Und weiter gehen, weiter gehen. Weiter gehen in eine Ungewissheit. Mit der Neugierde eines Kindes möchte ich das Leben erkunden, mit einer Lupe und einem Wasserglas.

Und wenn ich nicht mehr Barfuß laufen kann, dann möchte ich um die Schuhe anderer bitten, auf das ich ihre Schritte fühlen darf.

Und erst dann wenn ich genug gewandert bin, in den Schuhen dieser Fremden, erst dann kann ich werten und urteilen.

Erst dann bin ich wirklich frei.



Foto: Meine Tochter vor ihrem Zimmerfenster.





Freitag, 13. Juli 2018

Dick, klein und intensiv





Ich glaube ich habe noch nie über mein Gewicht geschrieben. Nicht weil ich nicht darüber rede (schreibe), sondern weil es nicht so viel Raum eingenommen hat in meinem Leben.
Heute will ich das Thema mal anschneiden, denn momentan nimmt es Raum ein in meinem Leben.
Als 17 Jährige habe ich noch um die 50 Kg gewogen und irgendwann nahm ich zu. Heute weiß ich zumindest, dass dieses Zunehmen mit meinem Darm zu tun hat. Ich habe eine Autoimunerkrankung eine Stoffwechselerkrankung und Asthma, und ich nehme seit meiner Kindheit Cortison, als Kind in Tablettenform und seit gut 40 Jahren in Form von Sprays.
Das Thema Abnehmen war immer mal wieder Teil meines Alltags. Und das ist es auch momentan wieder.

Zur Zeit wiege ich 103kg und das bedeutet ich habe einen BMI Score von 36,9. Im Medizinischen Fachjargon nennt man das auch Adipositas oder Fettsucht.
Das mit der Sucht ist gar nicht so weit hergeholt, denn mein Körper speichert Fett und verwertet leider den Rest an Nahrung nicht. Ich scheide oft Nahrung genauso aus, wie ich sie gegessen habe. Das Ergebnis ist dann, so paradox es klingt, dass ich egal was ich tue nicht abnehme.
Ich habe schon so ziemlich alles probiert um abzunehmen und bin bis jetzt gescheitert.
Ich würde gerne mehr tun, aber ich habe keine Ahnung was ich tun kann. Ärzte lassen mich im Stich, ich fühle mich als würde ich nicht ernst genommen.

Warum will ich abnehmen:
Nein nein ich jammere hier nicht, weil ich dünn sein will. Oh das habt ihr falsch verstanden.
Ich möchte meine Gelenke entlasten, mein Herz (ich habe Bluthochdruck), meine Leber, Galle, Niere. Das Ganze innere Programm. Die gängigen dünnen Schönheitsideale sind mir sowas von egal.

Nächstes Jahr endlich habe ich einen Termin in einer Endokrinologischen Praxis in Hamburg. Die Wartezeiten sind extrem lang. Ich muss mich also noch bis Februar gedulden, damit es zumindest mit meinem Gewicht irgendwie nach unten geht und mit meiner Gesundheit nach oben.(hoffe ich).

Ansonsten macht mir mein Herz zu schaffen, ich denke zu intensiv, ich fühle zu intensiv. Als Empathischer Mensch ist man immer mit anderen verbunden, anderen Menschen, Tieren, Themen, Energien. Ich kann mich da nicht schützen vor und ich will es auch nicht. Ich fühle weil ich glaube nur so kann sich diese Welt verändern, weil man fühlt. Rationalität schützt den Geist vor zu viel Gefühl. Ich habe das große Glück, das ich rational denken und mit allen Sinnen fühlen kann. Ich empfinde mich selbst als Ganzheitlich.

Mein Gewichtsproblem ist für mich auch kein Mangel an Verantwortung, sondern einfach nur ein Resultat bestimmter Umstände.

Ich fühle mich Dick, klein und instensiv. Und ich fühle mich dabei wohl. Ich nehme nicht ab, weil ich gerne einen Bikini tragen will, den trage ich auch mit 103 kg, denn mir ist es so was von egal wie andere Menschen über mich denken. Ich gehe auch in die Sauna und würde mich auch an einen FKK Strand leben (wäre ich jemand der sich gerne an einen Strand legt, bin ich aber nicht). Ich lasse mich nicht von anderen abhalten etwas zu tun, das mir Freude macht.

Aber mir ist auch Bewusst, das Menschen wie ich es bin, oft Menschen abwehren müssen, die ihnen nichts gutes wollen.

Unsere Gesellschaft ist so entstanden, das dicke Menschen zur Schublade:  "Die Fressen nur und tun nichts für ihren Körper" gehören. Das unsere Gesellschaft durch diese Ansicht ein krankes Verhältnis zum eigenen Körper entwickelt hat ist sichtbar.

Nackt sein ist Bäh, Masturbation ist Bäh, Alles was unterhalb des Bauchnabels ist ist irgendwie Bäh.
Unterhosen Bäh... der Mensch ist dadurch zu einem angezogenen unsichtbaren Etwas geworden,und  die Individualität wird nur dort gefördert wo sie der Allgemeinheit dient.

Vor ein paar Tagen habe ich gelesen, das es erlaubt ist Nackt im Auto zu fahren, wenn niemand es von draußen sieht. Das hat mich total irritiert, warum erlaubt. Warum ist Nacktsein nicht das natürlichste überhaupt und wer stört sich wirklich daran.
Und vorallem woran stört man sich.

Es ist sogar ein Bäh wenn Frau keinen BH trägt, wenn Brüste wackeln.
In solchen Momenten meines Denkens, wünsch ich mir in Afrika zu leben mit Menschen die wackeln und dabei tanzen. Deren Brüste herabhängen und die dabei eine so unglaubliche Schönheit ausstrahlen, das ich untergehe mit meinem Vollmondrunden Körper.

Ich bin gerne so wie ich bin und wenn ich ein paar Kilo abnehme, wird mein Herz hoffentlich auch wieder normal schlagen, meine Knöchel werden wieder etwas entlasteter.
Ich will gar nicht dünn sein - ja das ist Bäh ich weiß.
Alleine das ich nicht dem gängigen Schönheitsbild entsprechen will, macht mich Eklig in so manchen Augen. Aber schaut mich doch mal an, ja schaut mir in die Augen, ins Gesicht.
Könnt ihr euch vorstellen, ich sei dünn?

Ich bin eine echte Mama, unter meinem Kleid hat sich meine Tochter versteckt als sie  noch ganz klein war. Sie hat auf meinem Bauch gesessen und gesagt ich bin so unglaublich weich wie ihr liebster Teddy (der mit den dicken Bauch).
Ich bin gerne weich und rund, ich mag das an mir und es hat verdammt lange gedauert, bis ich davon wegkam so sein zu müssen, wie andere mich gerne sehen würden.

Ich habe das unglaubliche Glück eine Frau an meiner Seite zu haben, die mir täglich sagt wie schön sie mich findet, jede Falte, jede Speckrolle.

Und ja ich fühle mich auch schön, in gewisser Hinsicht. Manchmal im Sonnenuntergang, oder früh morgens, für ein paar Minuten und das reicht mir. Ich bin nicht Eitel. Ich brauch nicht diese Dauerwerbesendung: "Sie sind ein schöner Mensch blabla!".

Ich bin Dick, klein und intensiv.
Na und... und das klingt trotzig :D


Stimmt!

Donnerstag, 12. Juli 2018

Meine Sonne, mein Meer...


Wieder eine Momentaufnahme.
Ich sitze auf dem Deich, mit Blick auf das Meer, das so Endlos erscheint. Ich höre über mir die Möwen und wenn ich tief einatme, schmecke ich das Salz auf auf meiner Zunge.
Jedesmal geht es mir so, wenn die Tiefe meines Selbst das Meer berührt.

Ich fühle diese unglaubliche Leidenschaft, das Aufbäumen des Wassers, die Wellen, die Gischt und doch ist in mir diese Ruhe. Ich fühle und meine Gedanken schweigen.

Das Meer ist für mich der Ort der mich zu mir selbst bringt. Ich habe darin meinen eigenen Spiegel gefunden, meine eigene sichtbare Tiefe. Der Salzgeschmack ist wie die Liebkosung meiner Geliebten im wilden Liebesspiel.
Das Meer lässt mich flüssig werden in mir selbst, wie Blei das geschmolzen ist und dann irgendwann wieder erhärtet. So empfinde ich es. Es ist pure Energie, es flutet mich.

Wenn ich hier sitze, habe ich zwei Frauen an meiner Seite, das Meer ist für mich absolut Weiblich, es ist sinnlich, es ist wildzärtlich. Sanft und voller Wut, Aggression, die Zicke die gerade ihren Eisprung hat, das Meer es gebärt sich immer wieder selbst. Und meine Frau, die wie ich aufs Meer blickt und ihre eigenen Gedanken und Gefühle hat. Manchmal begegnen sich unsere Blicke, diese Tiefe der Sonne spiegelt sich darin. Und sie berührt mich auf einer Ebene die tief in mir ruht.

Die schönsten Momente hatte ich im untergehenden Sonnenlicht. Ich fühle dann die beruhigende Müdigkeit. Der Tag kann vorher noch so heiß gewesen sein, wenn die Sonne untergeht fröstelt es mich leicht, ich ziehe die Jacke enger um meinen Körper, schmiege mich sanft hinein, schützend, während sich das Meer von Blau zu einem sanften Rosè in ein tiefes Orange verwandelt, bis es fast golden wirkt. Und die Sonne nach und nach hinter der Endlichkeit meines Blickes verschwindet.
Dieses Schauspielt raubt mir immer wieder die Sinne. Es ist so unglaublich faszinierend, die Sonne verschwinden zu sehen. Erst dann wird so richtig bewusst wie rund unsere Erde ist und das am Ende meines Blickfeldes der große Bogen ist und ich weiß, die gleiche Sonne geht jetzt irgendwo auf.


Ein ewiger Kreislauf, sie ist immer da, aber nicht immer sichtbar. Stattdessen erscheinen nach und nach Sterne und in der Ferne taucht wie aus Zauberhand der Mond auf und erleuchtet das Meer in ein Silberlicht.

Ich kann nicht mit Worten beschreiben wie sehr ich das Liebe. Meist werde ich ganz sanft in mir, unendlich ruhig, während mein Atem mich Atemlos macht und wenn ich meine Frau berühre möchte ich oft mehr, uns einsam, alleine am Strand. Ich würde ihr jedes Kleidungsstück vom Körper reißen und mit ihr nackt im Mondlicht tanzen, unsere Beine würden im Wasser versinken und von der Gischt der aufkommenden Wellen umspielt werden. Wir würden uns lieben und lieben und lieben...


Zügellos.
Ich möchte Zügellos sein und die Härchen auf meiner Haut stellen sich hoch und der Wind lässt sie tanzen.
Ich schließe die Augen und schmiege mich noch mehr meinen Felsenmenschen neben mir, sie gibt mir Wärme, legt beide Arme um mich, hält mich, berührt mich mit ihrer Stärke und ihrer Schwäche. Sie ist meine Sonne auf der anderen Seite der Welt. Und wir atmen gemeinsam Atemlos in die aufkommende Nacht.

Und während die Nacht dunkler wird, sitzen zwei ältere Frauen auf dem Deich in Gedanken versunken mit einem Lächeln im Gesicht...


Für meine Frau

In Liebe...

Bösegut

 Auch wenn sich unser Kontakt gravierend verändert hat, finde ich dieses Video weiterhin sehenswert, aus dem Grund bleibt es in meinem Block.

Ich will hier gar nicht so viel Schreiben, sondern ein Video von Miss Meta teilen, ...

Wir sind die Böseguten 









Sonntag, 8. Juli 2018

Religiöse Kinder


Der Buddhismus begleitet mich jetzt seit fast 30 Jahren mal mehr oder weniger intensiv und ich kann sagen, er ist mir in meiner schwersten Stunde begegnet, hat mich durch die vielen Höhen und Tiefen meines Lebens geführt und mir gezeigt was Bedingungslosigkeit, Losslassen und Erwachen bedeutet. Durch ihn habe ich die Bedeutung von Freiheit erst wirklich begriffen.

Nach all den Jahren kann ich heute sagen, gäbe es den Buddhismus in meinem Leben nicht, so gäbe es auch keine tiefen Erkenntnisse meiner eigenen Person. Der Buddhismus hat mich geöffnet.

Also eine Ode an den Buddhismus.

Und gleichzeitig hat er mir gezeigt wie unnötig das festhalten an irgendeiner Religion ist, wenn du erkannt hast, dass du selbst die Religion bist, die du lebst.

Heute kann ich also ganz klar sagen, DEN Buddhismus gibt es nicht, es gibt nur das was du daraus machst und egal was du daraus machst, am Ende deines Weges bist du wieder dort angekommen wo du ihn begonnen hast - bei dir selbst und so nackt und ungeschminkt wie du nur sein kannst

- Wenn du Buddhismus wirklich verstanden hast und lebst.

Leider ist es in Europa so, dass du bereits als Kleinkind durch Rituale in die Religion deiner Eltern eingeführt wirst.

Im Christentum durch Taufe. Im Judentum und im Islam durch Zugehörigkeit der Mütter/Eltern. Wenn eine jüdische Frau ein Kind gebärt ist es automatisch Jude. Im Islam ist es so, wenn der leibliche Vater Moslem ist, ist es das Kind auch. Im Hinduismus spielt die Kaste noch eine Rolle. Erst durch die Geburt in einer Kaste, kann man Hinduist werden. Hindus glauben, dass die Kaste dem Menschen aufgrund des Karmas zugewiesen wird. Eine Kaste ist vergleichbar mit einem Gesellschaftlichen Stand.

Eine eigene Entscheidung für oder gegen eine Religion gibt es hier nicht.

Die Kinder haben sich oft nach den Eltern zu fügen.

Ich halte das für falsch.

Wir sollten unseren Kindern die Freiheit lassen und vorallem auch die Zeit lassen, selbst entscheiden zu dürfen, zu welcher Religion sie sich zugehörig fühlen oder ob sie gänzlich auf eine Religion verzichten.

In vielen Religionen, so auch im Buddhismus, entscheiden andere über den Weg des Kindes, die Wahl das zu ändern, nehmen nur wenige Kinder und Jugendliche wahr. Auch in Zeiten in denen Religion allgemein kontrovers diskutiert wird, entscheiden sich erst Erwachsene ob und inwieweit sie den Traditionen folgen wollen.

Es sind nicht nur die Eltern die hier Entscheidungen treffen, auch eine Gesellschaft entscheidet darüber. Hier in Deutschland sind es die einzelnen Bundesländer die so katholisch geprägt sind, dass sogar Ämter und Schulen religiös sind. Kreuze hängen an den Wänden, die Bibel steht über der Naturwissenschaft, religiöse Inhalte werden vorgeschrieben. Das macht sich besondern in Bayern bemerkbar.
Hier hat das Christentum eine Lücke gefunden, es Kindern schmackhaft zu machen, sich in der christlichen Religion zurecht zu finden. Mit Bibelgeschichten und christlich geprägten Freizeitaktivitäten bekommen Kinder das Gefühl dazuzugehören. Somit wird die deutsche Gesellschafts zu einer religiösen Gesellschaft.

Und die wenigsten wissen beides voneinander zu unterscheiden.

Der Buddhismus, der Hinduismus und der Islam gehen hier gänzlich andere Wege. Erwachsene bleiben gerne unter sich. Kinder werden nur bei den großen Festen gesehen. Wie z.B. das Vesakh Fest, den Buddhisten auf der ganzen Welt feiern. Das Vesakh Fest erinnert an die Geburt, die Erleuchtung (Nirwana) und das vollkommene Verlöschen (Parinirvana) des Buddha Siddhartha Gautama und damit seinen Austritt aus dem Kreislauf der Wiedergeburt (Samsara).

In den asiatischen Ländern wird es bunt und laut gefeiert und auch hier in Deutschland gibt es einzelne buddhistische Gemeinschaften die das Fest veranstalten. Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit diesen buddhistischen Feiertag wirklich zu würdigen.

Ich muss dazu sagen, ich hab es nicht so mit Feierlichkeiten, meistens sind es mir zu viele Leute, zu laut und zu gezwungen fröhlich.

Ich habe gerade mal geschaut - in Hamburg gab es im Juni einige Aktivitäten. Buddhistische Schulen trafen zusammen und haben gemeinsam das komplette Wochenende gefeiert, mit Musik und Meditation.
In vielen Religionen gibt es Familienfeste, so auch im Buddhismus, dem Islam, dem Hinduismus. Ein reines Kinderfest als solches gibt es jedoch nicht.

In dem Sinne geht das Christentum durch kindgerechte Freizeitaktivitäten einen großen Schritt voraus, allerdings liegt die Begründung darin, auf diesen Weg genug neue Christen als Mitglieder zu gewinnen, das Hauptaugenmerk sind junge traditionelle Familien. Die Mutter-Vater-Kind Konstellation gilt immer noch als Vorzeigeoption. Zwar werden homosexuelle Familien mittlerweile auch geduldet, aber in Wahrheit sind wir noch ganz weit von einer Akzeptanz entfernt. Somit ist es gewollt, dem Kind von klein auf ein Gefühl des Willkommenseins zu geben, denn nur dann ist die Chance sehr groß, dass es als Erwachsene in der Kirchengemeinde bleibt.


Im Buddhismus gibt es keine richtige Willkommensfeier, noch gibt es Imitativen die dich anwerben. Der Buddhismus baut auf Eigeninitiative auf. Wenn du Interesse hast, wirst du dich den einzelnen Gruppen anschließen, bzw. deinen Weg zum Buddhismus finden. Und dazu braucht es keine Werbung. Es wird dich auch niemand mit Handschlag und große Rede begrüßen, du bist einfach da und wirst als Mitglied dieser Religion akzeptiert.

Die Frage die nun in mir auftaucht: Brauchen Kinder Religion?

Meine Antwort ist ganz klar ich denke nicht. Kinder brauchen ihre Eltern, sie brauchen Vorbilder. Sie brauchen eine Gemeinschaft. Vorbilder verändern sich mit der Zeit, ein Vorbild kann alles sein, von der Mutter, dem Vater, Großeltern, bis zum Lehrer.
Natürlich kann es auch ein Pfarrer sein, aber meistens ist es eher ein naher Verwandter, zumindest in der früheren Kindheit und später sind es die Freunde die eine Wichtigkeit haben.

Kinder brauchen die Gewissheit Information erhalten zu können, über die Welt, über Religionen, über Biologie, Physik, die Erde, den Kosmos. Meine Tochter ist in einem Buddhistisch philosophischen Umfeld aufgewachsen. Der Buddhismus ist Normalität in ihrem Leben. Aber er streift sie nur, genau wie das Christentum. Shaya selbst ist Religionslos. Und sie hat auch momentan kein Interesse das zu ändern.

Sie will lernen und erleben, ohne Zwang, ohne Gott, Jesus und ohne Buddha. Diese Entscheidung hat sie uns mit 5 Jahren mitgeteilt und auch mit 10 Jahren hat sich daran nichts verändert. Sie will frei sein und das finden wir richtig und gut.

Aber sie freut sich wie bolle, dass in der fünften Klasse nun endlich auch andere Religionen ihren Weg ins Klassenzimmer finden, unter anderem der Buddhismus.

Shaya und ihre Klassenkameradin Wihra (Namen geändert) sind buddhistisch aufgewachsen. Wihra kommt aus Thailand und ist durch ihre Mutter mit dem Buddhismus verbunden.

Das wird bestimmt sehr spannend für die beiden Mädchen, endlich über die Religion erzählen zu dürfen, die sie kennen.

Vielleicht liegt es an meiner eigenen Einstellung zur Religion, dass sie frei ist zu gehen wohin sie gehen möchte. Ich habe ihr die Ethik des Buddhismus vermitteln können. Das ist das was am Ende einer Religion übrig bleibt, wenn man zurück schaut in seine Kindheit.

Und ich wollte das Shaya versteht das alles mit einem selbst zu tun hat. Jeder Gedanke, alles was man tut, hat letztendlich eine Konsequenz.

Wenn Shaya traurig ist, holt sie sich selbst immer wieder die Weisheit im Buddhismus, indem sie  ihre Trauer hinterfragt und sich dann nach einer Weile eingesteht, dass sie an der Situation nichts ändern kann, nichts kontrollieren kann. Das manche Dinge so sind wie sie sind.
Man kann einem Kind Religion vermitteln, ohne es zu binden, leider ist der Buddhismus die einzige Religion die es verstanden hat Kinder (zumindest außerhalb von Asien) diesen Freiraum zu lassen.

Was ich sehr schade finde...

Mein Tip an alle Eltern:
Wenn ihr Religiös seid, dann lebt es in der Familie. Seid das was ihr lebt. Seid Barmherzig, lebt die Nächstenliebe. Zeigt euren Kinder das Religion frei sein darf.

Aber gebt ihnen die Möglichkeit selbst zu entscheiden. Sie können auch als Erwachsene noch getauft werden, wenn sie das selbst wollen.
Es heißt ja nicht das man am Religiösen Leben nicht Teilhaben kann als Kind, weder im Christentum, noch in einer anderen Religion gibt es die Vorschrift Kinder aus dem religiösen Leben auszuschließen, wenn sie selbst nicht der Religion angehören.
Sie sind Teil von euch, euren Genen, eurem Dasein, eurem Zuhause, eurem Leben.

Glaubt mir sie werden viel interessierter sein und viel Gläubiger als ihr es vielleicht seid, wenn sie selbst entscheiden durften, mit euch als ihren Begleitern, ihren Beschützern, in eurer Geborgenheit.

Und bitte nehmt es ihnen nicht übel, wenn sie sich letztendlich für einen anderen Weg entscheiden, denn wie schon Khalil Gibran sagte:



Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch, und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken, denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen, denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit, und er spannt euch mit seiner Macht, damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Lasst euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein; denn so wie er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.

Khalil Gibran
(geb. 1883 gest. 1931) libanesisch-amerikanischer Dichter
(aus: Der Prophet)

 
Herzliche Grüße von der Jo
















Wenn es liebe regnet




Ich habe heute erlebt, was passiert wenn ich ganz ehrlich mit mir bin.
Wenn ich meine Gefühle zulasse, sie öffne, sie zeige, sie wahrnehme.
Wenn ich Trauer traurig bin und die Welt sich mir zeigt wie sie ist und ich nicht wegschauen möchte.
Ich habe diesen tiefen Glauben, das immer dann etwas gutes passiert, wenn man am Boden ist, wenn man nicht mehr weiter weiß. So ist das bei uns. So habe ich all die Jahre überlebt, gelebt, geliebt.

Das Leben öffnet Sturzbäche an Herzen. Es hört sich kindisch an, wie ein Reim aus einem Schlager, mir ist das bewusst und doch fühle ich noch meine Gänsehaut die sich quer über meinen Körper spannt. Weil mir so viel Liebe entgegen gebracht wurde, so viel Verständnis von Menschen die ich gar nicht kenne, nur weil ich ich bin.

In solchen Momenten glaube ich das ich wirklich ein guter Mensch bin, auch wenn ich denke ich bin ein Mensch wie jeder andere auch. Mit hellen, grauen und dunklen Seiten. In solchen Momenten wie jetzt strahle ich hell. Weil es Maler gibt die mir mit Licht die Haut bemalten, mit Licht die Seele.
Mich aus dem Wunden ins Heilende bringen.

Wir brauchen alle diese Maler, diese besonderen Menschen die da sind, engagiert, motiviert fühlen, helfen, strahlen in ihrem eigenen Licht.

Ich war so oft Maler für andere und ich habe jedesmal dieses Gefühl erlebt, was sich Zufriedenheit nennt, Warmherzigkeit, absolutes Glück im Glück des Anderen.

Ein Lächeln ist ansteckend, wenn man etwas getan hat, das einem anderen gut tut. Wenn man es geschafft hat, dass sich der dunkel Nebel lichtet und der Himmel wieder anfängt zu strahlen.

Es ist nicht Heil was noch nicht Heil sein kann, aber es ist sanftmütiger in mir und ruhiger. Ich bin keine Welle mehr im Sturm, sondern ich schwimme in der Gischt, umspült mit warmen Wasser... Ich kann immer unter gehen, denn es gibt keine Garantie. Keine Kontrolle über das Leben. Das Leben lebt sich selbst.

Aber jetzt gerade fühle ich mich so sehr geborgen wie schon lange nicht mehr. Aufgefangen und gehalten. Das tut so unglaublich gut, es ist so unglaublich liebevoll, sanft und zärtlich.

Ich lerne meine eigene Sangha kennen, eine Sangha von Menschen die wahrscheinlich gar nicht wissen was das ist. Jeder hat seine Geschichte und spielt Töne auf unterschiedlichen Instrumenten. Jeder hat seine Vergangenheit und sein eigenes Leid, sein Glück, seine Unsicherheiten. Aber ich lerne:

Zu helfen macht auch das eigene Leid weniger. Es verringert Sorgen und Nöte, denn das Glück des Anderen wird zum eigenen Glück, es motiviert im Zusammenhalt, setzt Energien frei, mobilisiert zu neuen Wegen.

Heute morgen da sah ich nichts außer dieses Bett und Tränen die auf mein Shirt tropften, ich wollte einfach nur weg. Ich sah kaum noch einen Ausweg. Ich hatte Angst und war sehr verzweifelt. Mutlos und Ideenlos.

Jetzt merke ich wie die alte Jo wieder erwacht aus ihrer Starre. Es ist so, als wäre etwas das schon lange am Brechen ist, endlich zerbrochen um neu zu entstehen.

Die letzten Jahre haben wir oft nicht gewusst wie es weiter geht, Britta weiß es immer noch nicht, wenn ihre Depression nicht anerkannt wird, dann müssen wir eigentlich wieder nach Südhessen. Was wird dann, so geht es ihr täglich. Sie hat Angst vor der Untersuchung. Sie hat Angst vor der Entscheidung zu kündigen. Weil sie nicht zurück kann. Dieser Weg ist für immer versperrt für sie. Da ist nichts was uns guttun würde, nichts was uns halt gibt. Unser Zuhause hier in Deutschland ist hier.

Eine Polizistin die keine Polizistin sein kann ist keine Polizistin. Keine Waffe mehr,  keine Entscheidungen über Leben und Tod. Da ist nur diese Schwärze die sie tagein tagaus begleitet. Angst und Schmerz und das Gefühl versagt zu haben. Ich weiß das. Ich kenne sie so gut.
Diese Gefühle sind tief in uns vergraben und auch nach 2 Jahren wollen sie nicht richtig an die Oberfläche, wir warten und warten, auf das andere entscheiden über ihr und unser Leben.
Im August ist es so weit, dann muss sie nach Südhessen. Mit einem Gefühl von Schwere in der Brust. Ihre Depression ist Alltag geworden, sie spielt ihre Lieder voller Trauer.

Wir kommen damit klar, wenn kein Brief von der Dienststelle eindrudelt und Erinnerungen weckt, die wir nicht haben wollen, die uns nur das Herz still stehen lassen. Die Zeit bevor wir hier her kamen, war schwer, so schwer. Wir haben nie so richtig darüber geredet. Wir haben uns gehalten und uns immer wieder gesagt, dass wir es schaffen. Wir schaffen es auch.
Aber mit anderen, mit Freunden haben wir nicht gesprochen.

Als unsere Trauzeugin uns ihren Brief vorlas, dass wir uns nie beklagt haben, sind mir die Tränen gekommen. Ein Haus das unser war zu verlassen, Tiere zu verlassen die wir liebten, hören zu müssen, wie andere uns verurteilen, weil wir aus einem Bundesland ins andere ziehen. Das war hart. Es tat so weh. Auf einmal waren wir keine guten Mütter mehr, keine gute Tierschützer. Und doch mussten wir diesen Schritt machen, denn wir wären sonst gänzlich zerbrochen in Hessen. Die Blicke der Leute auf uns und unser Kind. Auf unser "Unvermögen", unser "Versagen". Auf das Chaos unseres Lebens. Ich habe nie darüber gesprochen. Ich habe diese Gefühle für mich behalten, es hätte niemanden etwas gebracht, auch meiner Frau nicht. Und es hätte niemand wirklich verstanden. Denn ich kann mich nicht so ausdrücken, das es immer verständlich ist.

Hier wurden wir so liebevoll aufgefangen von Menschen die wir erst hier wirklich kennen lernten. Und das trägt mich immer noch, auch nach 2 Jahren. Aber ich merke jetzt da wir angekommen sind und eigentlich nur noch weg wollen, brechen alte Staudämme wieder auf und der Schmerz tut weh. Ich glaube das Globale Muster von politischen Hass und Gewalt hat diesen Schmerz ausgelöst.

Damit muss ich erst mal klar kommen.

Und heute -

Heute möchte ich darüber sprechen, über die Zeit damals. Über meine Gefühle zu der Zeit damals.
Ich möchte endlich meine Tür öffnen und Luft herein lassen.

Ich möchte meine Frau wieder mehr unterstützen, denn mit ihrer Depression kamen neue Empfindungen in unser Haus. Alles war neu. Auch meine eigenen Gefühle vermischt mit den Schmerzen die mein Alltag sind.
Ich möchte meine Frau wieder neu entdecken und ihr die Liebe geben die sie verdient.
Ich bin nicht darüber hinweg, was man uns und unseren Tieren antat.
Der Tot von den Schafen belastet mich immer noch. Und als Bella starb starb auch ein Stück meines Herzens. Mit Bellas Tod kam die Trauer und seit dem sitzt sie neben mir, still und leise. Bis heute - es brach hervor.

Ja das kam heute alles hoch und es ist gut so, dass es endlich hoch kommt und ich weinen kann. Mir eingestehen kann, das ich Bella so sehr vermisse, das ich nicht an ihr Grab kann. Ich kann es nicht pflegen, wie ich es eigentlich wollte. Ich denke sehr oft daran wieder einen Hund aufzunehmen, aber unsere finanzielle Situation lässt das nicht zu und auch unsere Gedanken zum Thema Ausstieg aus dieser Gesellschaft.
Wir haben uns jetzt gesagt, eines Tages, wenn unsere Tiere nicht mehr bei uns sind, dann darf auch wieder ein zweiter Hund kommen. Es wird keine Bella sein. Sie wird immer Teil meines Herzens bleiben.

Bella starb vor einem Jahr. Ich dachte ich hätte genug getrauert...
Es wird wohl nie genug sein...

DANKE fürs Lesen.
DANKE für eure Unterstützung.
EUER DASEIN. 

Es regnet heute Liebe...

DANKE <3 



Samstag, 7. Juli 2018

Das Monster in mir


Ich glaube jeder Mensch trägt ein Monster in sich.
Ein Monster voller Geiz, Neid, Missgunst, Herrschsucht, Aggression und Gewalt, ein Monster das töten könnte, wenn es wollte.

Wir Menschen haben das Potential zu töten ohne Scham oder Trauer zu empfinden, wir töten aus Wut, oder weil wir andere beschützen wollen, aus Gier oder Neid... es gibt so viele Gründe warum wir bereit sind anderen zu schaden.

Als ich anfing mich mit dem Buddhismus zu beschäftigen stellte ich fest, dass ich ein Neidischer Mensch bin. Ich war nicht darauf Neidisch das jemand erfolgreicher war als ich. Nein es waren die Menschen die eine tolle Kindheit hatten, tolle Eltern, auf die ich neidisch war. Menschen die in Urlaub fahren konnten. Geld für mehr Essen, oder mal ein tolles Kleidungsstück - Kleinigkeiten. Ich war Neidisch auf all die Menschen die unbeschwerter waren als ich.

Ich fühlte den Neid wenn ich einkaufen ging und der Mensch vor mir den Wagen voll hatte mit Sachen die gerne mal probiert hätte, aber die ich mir nicht leisten konnte. Oder Neid weil eine Mutter mir erzählte, was ihre Tochter alles zum Geburtstag bekam, während wir unserer Maus nur eine Kleinigkeit kaufen konnten. Oder auf Leute die so alt waren wie ich und mir erzählten wie toll ihre Kindheit war.

Neid ist mein ganz persönliches Monster, das an mir selbst nagte.

Durch den Buddhismus habe ich begriffen, das all diese Gefühle wie Neid, Missgunst, Wut, nur Teile in uns sind, die erhört werden wollen, auf das sie verarbeitet werden und gehen dürfen.
Teile unserer eigenen Kindheit, verborgene Trauer, verborgene Wut.

Ich habe gelernt meinen Neid zu verarbeiten, ihn zu betrachten und ihn gehen zu lassen.

Aber ich habe noch nicht alle alten Muster erkannt, noch nicht alle verborgene Trauer und Wut gehen lassen können.
Manches betrachte ich es mir und streichel es, wie ein Tier. Ich nenne es das Monster in mir.

Das Monster das hin und wieder noch gehört werden muss. Momentan ist es die Trauer, die eigentlich Wut ist. Manchmal weine ich, während mein Herz wütend ist, ich aber die Wut nicht ausleben kann, oder möchte und deshalb entwickelt sich Trauer in mir.

Trauer über unsere finanzielle Situation, Trauer darüber das ich nicht einfach meine Koffer packen kann und Deutschland verlassen kann. Trauer über die Menschen die im Mittelmeer sterben. Trauer über unsere politische Situation hier in Europa. Wut wäre besser, dann könnte ich brüllen und gegen die Wand hauen und fluchen. Ich könnte andere Menschen mobilisieren, auf das wir auf die Straßen gehen und Demonstrieren. Ich könnte sogar unserer Kanzlerin einen Eimer Farbe über den Kopf kippen, total ausrasten, irgendwas kaputt hauen.  Wut ist kreativer als Trauer.
Aber ich tue es nicht. Stattdessen habe ich heute morgen im Bett gesessen und geweint. Irgendjemand muss doch weinen, um die vielen Kinder die gestorben sind...

Trauer geht nach innen und Wut nach außen. Doch beides ist untrennbar miteinander verbunden.

Das Monster in mir will gehört werden.
Es will nach außen und es will flüchten.

Seit Jahren habe ich diese Gefühl in mir, ich will weg aus Deutschland und der Gedanke es wird noch 8 Jahre dauern, bis ich endlich von hier weg kann, ist unerträglich und doch sagt mein Verstand, das ich alles gut planen muss.

Es ist nicht einfach mit Fluchtgedanken zu leben, aber nicht flüchten zu können.

Ich fühle mich wie ein frisch eingefangenes Pferd im Gehege. Im Inneren werfe ich mich gegen den Zaun, ich bäume mich auf, ich will raus, ich will frei sein.

Ich habe angst, dass ich irgendwann ausbreche.... und alles hinter mir lasse.

Da ist ein Monster in mir und solange es noch schreiben kann, komm ich mit der Welt um mich herum noch klar... glaube ich , hoffe ich....



Ich weiß es besser...


Die Nachrichten machen mich Depressiv.
Es wäre gut alles abzuschalten, auf andere Gedanken zu kommen, mich abzulenken.
Aber das ändert nichts daran das Dinge geschehen.
Das Menschen sterben und ihre Helfer dafür ins Gefängnis müssen. Das die Grenzen dicht sind. Es ändert nichts an der Trauer die über den Meeren liegt.


Ich fühle mich so hilflos, Machtlos, so mittendrin, trotzdem Teil des ganzen Systems. Und ich will das nicht. Ich will mich von all dem distanzieren. Ich verabscheue all die jenigen die das gut finden, was gerade passiert.

Es ist furchtbar zu begreifen wie hardherzig und egoistisch die Menschen sind, die den Mord im Mittelmeer befürworten. Mich macht das Ganze nicht mehr wütend, sondern traurig. Es greift meine Seele an.

Mit jedem braunen Wort zerbricht ein weiteres Stück Menschlichkeit.
Unsere Geschichte hat uns nun eingeholt.
Die alten Narben reissen auf.
Ich bin in einer Zeit aufgewachsen in der man nach einem neuen Hitler rief aber gleichzeitig sagte man hätte von nichts gewusst. Meine Oma hatte Bilder von ihrem Mann und Verwandten in stolzen Uniformen und mit der Hand zum Heil ausgestreckt. Und mein Vater hat seinen Vater deswegen verehrt. Er bewahrte Pistolen auf und Degen die er an die Wand hängte. In einer Schublade lagen die alten Orden, die er immer mal wieder polierte. Wir sind in Angst aufgewachsen, denn manchmal stolzierte er wie ein Irrer durch die Gegend, die Hände hinter den Rücken gefaltet. Mein Vater wurde hin und wieder zu der Verkörperung des Mannes den er verehrte und ich bin mir nicht sicher, ob es sein Vater war oder Hitler.

Ich hab es nie verstanden wie so was sein kann, das meine Oma als Kind draussen auf der Strasse stand, eine Fahne wehte und mitansah wie ihre kleine jüdische Freundin abtransportiert wurde. Und trotzdem hat sie lange Jahre behauptet sie hätte nichts gewusst.

Das hat zum ersten Bruch zwischen uns geführt. Dieses "Nichtwissen". Als ich sie um Hilfe bat weil mein Vater immer verrückter wurde und wir alle um unser Leben fürchten mussten,  und sie sagte sie wüsste von nichts..

Meine Oma hat sich umgedreht und sich die Ohren zugehalten und in mir waren Gefühle zu zerbrechen. Aber ich bin nicht zerbrochen, auch dann nicht als mein Vater mich töten wollte. Ich habe all das überlebt.

Jetzt da sich unsere Geschichte wieder über uns ergießt erlebe ich erneut wie Menschen anfangen zu ignorieren. Es gutzuheissen das Menschen sterben, getötet werden.
Es ist kaum auszuhalten für mich - die Meinung der Anderen.
Der Befürworter, der offenen Rechten. Es fehlt nur noch das Fahnenschwingen und der Heilsgruss.

Mich macht das depressiv denn ich hab nicht mehr die Kraft einer 16Jährigen mit offener Wut und erhobenen Fäusten zu reagieren und laut zu brüllen: "Ich hasse euch und euer nicht wissen. Eure Ignoranz, euren Egoismus. Da draußen krepieren Kinder und ihr schlürft euren scheiß Kaffee und glaubt der Bildzeitung die von Schleppern berichten. Ich hasse euch!!!"

Ich fühle mich Ohnmächtig dem ganzen hier ausgeliefert. Ohnmächtig mitansehen und fühlen zu müssen, dass Menschen um ihr Leben kämpfen müssen, während Europa darauf wartet das sie im offenen Meer krepieren.

Was macht das mit uns?
Und mit unseren Kindern?
Wird auch dieses Kapitel menschlichen Versagens in den Geschichtsbüchern stehen und werden unsere Enkel uns fragen wie wir das zulassen konnten?
Und wird irgendwann ein Denkmal im Mittelmeer stehen, als Erinnerung an die Kinder, Frauen und Männer die ertrunken sind, weil niemand sie retten durfte.

Deutschland lebt nun schon so lange in Erinnerung an das Leid der Juden.
Nun sind noch Andere dazu gekommen, Namenlose Menschen. Andere Erinnerungen.

Ich habe es gewusst. Ich weiss es und es hat mich fertig gemacht.
Das werde ich meinen Enkelkindern sagen. Egal was irgendwann in den Geschichtsbüchern stehen wird.

Ich weiss es besser...


RIP den Namenlosen die im Mittelmeer gestorben sind, weil keiner ihnen half.
Ich denke an euch und ihr werdet nie vergessen sein. Das verspreche ich.