Heute möchte ich über die Erfüllung meines größten Wunsches reden -
mein Mutter sein.
Das wird nicht nur ein schöner Text werden, auch wenn das Thema heute für mich eines der schönsten ist, denn ich bin Mami mit Herz und Seele, gibt es jedoch auch einen Teil meiner Geschichte mit schmerzhaften Erinnerungen.
Meine Tochter ist nicht nur das schönste und liebste Wesen auf Erden für mich, sondern auch die Erfüllung eines Traumes, den ich eigentlich schon lange aufgegeben hatte.
Sie ist nicht unter meinem Herzen gewachsen, sondern in meinem Herzen.
Nicht ich habe sie geboren, sondern meine Frau - für mich.
Eigentlich fängt diese Geschichte mit meiner eigenen Kindheit an und ich schreibe sie heute auf, um allen Frauen die selbst kein Kind bekommen können Mut zu machen. Manchmal sind es nicht die offensichtlichen Wege die zu der Erfüllung eines großen Wunsches führen.
Als ich vier Jahre alt war, wurde ich das erste mal vergewaltigt.
Ich habe lange nicht verstanden was das wirklich bedeutet, erst als meine Tochter vier Jahre alt war, begriff ich wie nah ich damals dem Tode war und wie sehr ich leben wollte.
Es gibt ein altes Lied von Bettina Wegner von 1979.
Ich verlinke euch das Video unter diesem Text:
"KINDER
Sind so kleine Hände
winz'ge Finger dran.
Darf man nie drauf schlagen
die zerbrechen dann..."
Ja genau das wurde mir bewusst, winzige kleine Hände, ein winziger Körper.
Kleine Knochen die zerbrechlich wirken wie Porzellan.
Erst durch meine Tochter begriff ich erst, was man mir wirklich angetan hat damals.
All die Jahre davor war nur die Erinnerung, Fetzen von Erlebten. Ein dumpfer Schmerz der irgendwie nie verging. Und die Gewissheit, das ich nie Kinder bekommen konnte, denn dort wo ein Kind hätte wachsen sollen, waren Narben die das verhinderten.
Es gibt viele Gründe warum Frauen keine Kinder bekommen können, die meisten Frauen suchen eine Ewigkeit nach einer Erklärung. Meist sind es Krankheiten oder Unfälle, aber machmal ist es auch Gewalt.
Ich glaube nur eine Frau kann wirklich nachfühlen was es bedeutet wenn der Wunsch nach einem kleinen Wesen so heftig ist, dass das eigene Leben unwichtig wird. So war das auch bei mir. Ich habe sogar einen Mann geheiratet um schwanger werden zu können. Und nach meiner 3 Fehlgeburt im 5 Schwangerschaftsmonat, wollte ich es nicht wahr haben. Ich habe niemanden davon erzählt, nicht meinem damaligen Mann und auch keiner Freundin. Ich wollte das Wissen nicht wahrhaben und verschloss es tief in meinem Kopf.
Erst als ich meine Frau kennen lernte öffnete ich mich und ich weiß noch wie oft ich in ihren Armen lag und all den Schmerz herausbrüllte der Jahrelang in mir verborgen lag. Sie war der erste Mensch, dem ich alles erzählte.
Britta wollte damals kein Kind, sie konnte sich nicht vorstellen Mutter zu werden.
Aber es war immer Thema zwischen uns. Und eines Tages konnte ich nicht mehr anders, als erneut einen Versuch zu unternehmen, entgegen dem Rat von meinem Frauenarzt. Ich musste diesen Weg gehen, denn ich war damals nicht so weit um wirklich vom Kinderwunsch abschied zu nehmen.
Vielleicht war es diese Vehemenz mein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen für den Wunsch nach einem Kind. Ich weiß es nicht, ich weiß nur mein ganzes Sein brüllte danach Mutter zu werden. Und meine Frau bekam diesen ganzen Prozess mit.
Und kurze Zeit später entstand Shaya. Shaya - die Würdevolle.
Brittas Schwangerschaft war schwierig, die Geburt war nicht einfach. Aber als ich werde diesen Anblick nie vergessen, als unsere Tochter neben ihr lag, frisch geboren.
Und Britta sah sie an, diesen Blick hatte ich davor noch nie gesehen. Das war pure selbstlose Liebe, Zärtlichkeit, Geborgenheit, Entschlossenheit, Erwartungslosigkeit, Mut - All das in nur einem Blick.
In diesem Moment hätte ich alles dafür gegeben, hätte ich eine Kamera dabei gehabt um diesen Blick einzufangen... leider hatte ich keine, aber ich werde mich immer daran erinnern. Meine Frau hat für mich dieses Kind bekommen, ohne selbst ein Kind zu wollen, aber dieser Blick macht sie zur Mutter.
Zu einer starken, wundervollen, liebenden Mutter.
Hätte ich meine Frau nicht vorher schon unendlich geliebt, ich wäre ihr auf der Stelle verfallen. Dieser Mensch hat mehr für mich getan, als irgendjemand anderer auf dieser Welt, mit Geburt unserer Tochter hat sie mir die Erde zu Füßen gelegt.
Ich habe mich nie als besonders tolle Mutter empfunden. Im Gegenteil manchmal bin ich extrem genervt, genervt von meinen eigenen Genervtsein, meine Tochter ist nämlich in wenigen Dingen genau das Gegenteil von mir, sie macht sich gerne dreckig, springt in die schmutzigste Pfütze, läuft durch jeden Tümpel und wenn wir an einem Springbrunnen sind, hockt sie sich garantiert rein. Sie ist das Pippilangstrumpf Räubertochter Kind. Wäre da nicht der Umstand, das sie wahnsinnig gerne gute Klamotten anzieht, vorzugsweise Weiß und Kleid mit Spitze und so einen Gram, das man nach ihrer Wasser-Pfützen-Session kaum mehr sauber bekommt. Ihre Füße sind immer schmutzig und von ihren Fußnägeln will ich erst gar nicht anfangen.
Die Haare sind immer zerzaust und hätte sie nicht eine allzu nervige Mutter, würden sie irgendwann verfilzen.
Die Anfangsjahre hat sie fast nur Zöpfe getragen, denn sonst hätte ich ihre lange Mähne nicht mehr entwirren können, mittlerweile kämmt ihr ihr langes Haar selbst.
Ich liebe sie so wie sie ist, auch wenn sie manchmal - trotz der Pfützengeschichte - richtig Konservativ ist. So hat sie uns vor ein paar Tagen klar gemacht, dass sie einen festen Wohnsitz braucht, nachdem wir ihr erzählt haben, dass wir irgendwann in einem Auto leben wollen.
"Könnt ihr gerne machen, ich besuch euch auch gerne, aber ich miete mir dann eine kleine Wohnung und mach eine Ausbildung".
Krass Klar für eine 10 Jährige.
Manchmal glaube ich, ich habe versagt und bin eine schreckliche Mutter. Sie kommt gerade in die Pubertät und ich gebe es offen zu, es ist kompliziert.
Mama in den Wechseljahren, Kind in der Pubertät - Schwierig.
Manchmal krachen wir gewaltig aneinander weil wir uns in dieser Hinsicht so verdammt ähnlich sind.
Manchmal sehe ich sie erst Abends, nachdem sie sich allein entspannt hat - sie braucht dieses Alleine sein. Sie ist gerne alleine, genau wie ich, genau wie ihre Mama - alleine beschäftigen und doch in einem Zimmer, nah beeinander sitzen oder auf unserem Bett liegen - so sind wir alle drei.
Der Sohn meiner Freundin hat ein paar Nächte bei Shaya im Zimmer übernachtet, die beiden verstehen sich prima und wenn es nach seiner Mutter und mir ginge, wären sie schon verlobt :D - Das ist ein Witz, aber zusammen sind sie einfach das Traumpaar.
Na auf jeden Fall hat sie Luc dann irgendwann klar gemacht, dass sie ab sofort wieder ihre Privatsphäre braucht - wörtlich. Somit musste Luc bei seiner Mama schlafen, mit einer Hand voll Teddys. Die Teddyzeit meiner Tochter ist schon lange vorbei.
Manchmal frag ich mich ob sie je eine Teddyzeit hatte. Sie hat nie so gespielt wie andere Kinder, sie stellte die Schleichtiere auf und so blieben sie. Sie setzte ihre Teddys ans Bettende und da blieben sie. Schon als dreijährige hat sie ihre Spielsachen bereitwillig mit zum Flohmarkt gegeben.
Und wenn es nach ihr ginge, hätte sie überhaupt kein Spielzeug - nichts typisch kindliches in ihrem Zimmer. Ich bin die Jenige die daran hängt.
Als sie letzten wieder ihren Schrank ausräumte, waren auch ihre Babyspielsachen darunter, ein Entchen und ein Frosch. Ich habe beides wieder vom Stapel genommen und ich werde es zu den anderen Spielsachen tun, die ich in einer Kiste verwahre.
Für Shaya sind es nur Leblose Dinge, für mich steckt da Seele drin, Erinnerungen. Aber auch Wünsche, Gedanken, Vorstellungen, Erwartungen.
Am Anfang dachte ich noch mein Kind wird wie jedes andere Kind sein.
Da gab es oft Momente da machte ich etwas falsch, weil ich glaubte es richtig zu machen. Shaya war nie wie andere Kinder. Genau wie ich nie ein Kind wie jedes andere Kind war.
Mittlerweile wird sie von anderen Kindern akzeptiert, ich glaube es fängt die Zeit an, da buhlt man um ihre Freundschaft. Anfangs war das nicht so. Die Gleichaltrigen wussten nichts mit ihr anzufangen und sie fand Gleichaltrige langweilig. Die älteren Kinder faszinierten sie und die ganz kleinen liebt sie.
Und das ist auch geblieben. Shaya nimmt sich die Freiheit Kinder gut zu finden, die auf ihrem Level sind, leider sind das nicht viele - und schon bin ich wieder Mutter - für sie gibt es dieses Leider nicht.
Sie hat nicht den Anspruch viele Freunde haben zu müssen. Dadurch das sie gerne alleine ist, reicht ihr der Kontakt in der Schule und während der Ferien, da hatten wir viel Kontakt mit anderen Kindern - manchmal war es zu viel für sie.
Dennoch ist sie beliebt, was sicher an ihrer Art liegt, jeden gleich zu behandeln. Kleine Kinder himmeln sie an, sie kann Stundenlang mit den kleinen spielen. .
Die 5 Jährige Tochter unserer Freunde hat mir letztens gesagt, wiesehr sie Shaya liebt. In solchen Momenten bin ich sehr gerührt. Ich freue mich für meine Tochter und gleichzeitig mach ich mir Sorgen, denn das sie geliebt wird, heißt nicht das meine Tochter genauso starke Gefühle hat.
Sie ist der unabhängigste kleine Mensch der mir je begegnet ist und ich glaube daran sind wir nicht unbeteiligt. Wir haben sie so erzogen, dass sie immer sagen darf was sie denkt, das sie all ihre Gefühle offen legen darf.
Und das sie vieles selbst entscheiden darf, ausprobieren darf.
Wir haben eine Art Familienkonferenz, wenn wir drei in der Sackgasse gelandet sind, oder wenn Shaya etwas will, was wir nicht wollen.
Und wir kommen immer auf einen Nenner.
Eigentlich ist Shaya ein Traumkind für mich, als ich noch jung war, habe ich mir genau eine solche Tochter gewünscht. Selbstbewusst, Selbstständig und mit freiem Willen und einer Meinung die sie sich selbst gebildet hat, durch lesen, erkennen und Mitgefühl.
Shaya wird immer mehr und mehr dieser Mensch.
Ich bin eine sehr glückliche Mutter, mit einer - so sagt sie selbst - glücklichen Tochter.
Ich frag sie oft: "Bist du glücklich?"
Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob sie wirklich versteht was Glück ist. Aber sie antwortet immer:
"Ja wirklich Mami, das bin ich!"
Wenn sie das auch noch antwortet wenn sie älter ist, mit Blick auf ihre eigene Kindheit und unserer Beziehung zueinander, dann erst weiß ich wirklich
Ich bin eine gute Mutter....